Mal Tonkunst, mal Kleinkunst
Im Konzert des Gesangsduos „Such Fine Ladies“ paaren sich Naivität und Hintersinn
Der Auftritt von „Such Fine Ladies* im Haus Müllerer-' erwies sich am Dienstagabend als durchaus unterhaltsames Spiel der charmanten Doppelbödigkeiten, Nicht immer machten Ingrid Strajhar-Herbig (links) und Julia Jansky kenntlich, ob es sich etwa um unfreiwillige Komik handelte oder nicht. Ihr A-Cappella-Auftritt aus Schlagern und Artverwandtem Heß schillernde Oberflächen und ernste Tiefen zu einem changierenden Dritten verschmelzen.
Ganderkesee. A Cappella? Zweistimmig? Da denkt der historisch informierte Musikfreund ans späte Mittelalter: Frühe Mehrstimmigkeit* Bicinien und so. Würde ja auch gut ins Konzept der „Coilcerto-Reihe" im Haus Müller passen, die sich immer um Edelsteine abseits vieibetretener Pfade kümmert. Beim Auftritt der „Such Fine Ladies" konnte das Publikum am Dienstagabend erleben, dass Abseitigkeit bisweilen noch steigerbar ist*
Die Ladies präsentierten ihr Programm „Thank you for the music". Sie sangen Schlager - zweistimmig, a cappella, ganz und gar unplugged, Natur pur. Als Julia Jansky (Sopran) und Ingrid Strajhar-Herbig ansetzten, musste der Rezensent zunächst einmal seine Wertungskategorien ordnen. War das nun kaltschnäuzig satirisch oder naive Kunst?
Wäre es Satire, dann wäre sie von böse-freundlicher Hinterhältigkeit. Marlene Jaschke wäre nichts dagegen,- Loriot könnte Pate gestanden haben bei diesen etwas verlegen lächelnden Frauen, die als „Mädchen von Piräus" mit „Wir sind die Ladies von der Weser" auftraten, mit den immer etwas linkischen Schlagersängerinnen-Gesten, dem penetrant affektierten Pausendrücker „Norderney" und allerliebsten regionalen Bezügen wie dem finalen „Dooooooooo., .-Nebelhorn", „California Dreaming“ von The Mamas and the Papas, groovten da so ein bisschen norddeutsch und so wurde es vom Feeling her glatt zum Nordsee-Dreaming.
Schlager, Pop, zu zweit, a cappella - da bleibt als Rhythmusgruppe nur das 'Finger-schnipsen, die Bläsersektion gibt es als „Da-ciaduda “ -Einwuri vom Alt in Bobby Hebbs „Sunny". So ernsthaft nett wie sie singen, moderieren die beiden Damen auch: „ Ja..., so,.. dann gehen wir jetzt weiter". Die Ladies singen von „ dem bisschen Haushalt" mit emanzipiertem Schlenker „sagt mein’ Frau".Und sie spannen auch den Herrn aus dem Publikum ein - für die Rosen in Giftes. „So schön kann doch kein Mann sein". Dazu bieten sie die große Bühnenpose in all den tingeltangelroten Requisiten. Natürlich bringen die zwei ihr Publikum auch zum Mitklatschen und zum Mitsingen, etwa bei den Schuhen von „Mary Lou"; und zum Ploppen mit dem Finger im Mund bei Maffays sieben Brücken.
Ob gewollt oder nicht, sei dahingestellt: Manchmal verrutscht die satirische Maske und man fragt sich: Ach je, meinen die das ernst? Dann würde man sich ihres musikalischen Amateurstatus entsinnen und beispielsweise dem „Fisch im Wasser“ von Nina Hagen den Pep bescheinigen, der manchem anderen Vortrag fehlte. Dann hätte man Spaß an den oft geistreich gelungenen zweistimmigen Sätzen, die die beiden Sängerinnen den Schlagern verpasst haben und von denen manche doch fast den Stempel „künstlerisch wertvoll" aufgedrückt bekommen sollten,weil sie so bicinienhaft erklingen. Zu loben wäre der feine Moritaten-Ton, die Küchen-Lieder-Aura, die Julia Jansky und Ingrid Strajhar-Herbig ihren Liedern mitgeben.
Es wäre ihnen dann aber auch mehr sängerisches Schlager-Temperament zu wünschen. Als Schlagerabend mit Cover-Versionen war das nett, wenn auch nicht immer abendfüllend. Wenn Julia Jansky und Ingrid Strajhar-Herbig das Ganze als echte Satire durchzögen (wofür unbedingt zu plädieren wäre), dann hätte das: hintersinnigen, ironisch-gemeinen Charme.
Wie auch immer: Das Konzertpublikum im Haus Müller - auch mal andere Gesichter - fühlte sich unterhalten. Eine Zugabe für den freundlichen Beifall gab es aber nicht. Und für einen guten Zweck war der Auftritt auch, denn „Such Fine Ladies" spendeten das Honorar, das wie immer aus dem Spendentopf kam, dem Ganderkeseer Hospizkreis.